Mit eigenem Coach zurück ins (Arbeits-)Leben

Erfolgsgeschichte einer Teilnehmerin

Mit eigenem Coach zurück ins (Arbeits-)Leben
18.02.2022
Akademie

Erfolgsgeschichte: Wie einer Teilnehmerin der Kolping Akademie der Sprung aus der Langzeitarbeitslosigkeit gelang

Trotz des langjährigen Wirtschaftsaufschwungs fällt vielen Langzeitarbeitslosen die Rückkehr auf den Arbeitsmarkt schwer. Das Teilhabechancengesetz hilft Betroffenen, beruflich wieder Fuß zu fassen – auch mithilfe der Kolping Akademie.

„Ich habe mich riesig gefreut“. – Als vor knapp zwei Jahren der entscheidende Anruf aus dem Jobcenter Augsburg-Land kam, verband Claudia Hechbauer mit dem ihr unterbreiteten Angebot erst einmal pure Hoffnung. Hoffnung auf ein Ende der oftmals belastenden Termine im Jobcenter, auf ein Ende des permanenten Vorzeigens der Kontoauszüge und des finanziellen „Sich-nackt-Machens“. Denn ihr zuständiger Betreuer Christian Holzheuer schlug ihr ein spezielles Arbeitsmodell vor. Die gelernte Altenpflegerin war aufgrund von gesundheitlichen Problemen ganz unfreiwillig in die Langzeitarbeitslosigkeit hineingeraten – und je mehr Zeit verging, desto schwerer fiel es ihr, aus der Situation aus eigener Kraft wieder herauszukommen. Jetzt arbeitet sie seit gut zwei Jahren als Altenpflegehelferin bei der Diakonie Augsburg und wird durch das Teilhabechancengesetz gefördert. 

Das 2019 in Kraft getretene Gesetz, das die neue Bundesregierung um Kanzler Olaf Scholz laut Koalitionsvertrag entfristen wird, unterstützt Langzeitarbeitslose bei der Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Mit ihm ist die Grundidee verbunden, statt Arbeitslosigkeit Erwerbsarbeit zu bezahlen: Es finanziert langzeitarbeitslosen Menschen über einen Zeitraum von zwei (§16 e) oder fünf Jahren (§16 i) einen geförderten Job statt Hartz IV.

Enge Zusammenarbeit mit Coach der Kolping Akademie

Kernstück des Teilhabechancengesetzes ist die „Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit durch intensive Betreuung, individuelle Beratung und wirksame Förderung“ – und damit die Arbeit mit einem persönlichen Coach. Diese Coaches werden in der Region Augsburg von der Kolping Akademie gestellt. Der bundesweit tätige Bildungsträger, der in Bayerisch Schwaben und dem angrenzenden Oberbayern Jugendliche und Erwachsene an 21 Bildungsstandorten betreut, wurde vom Jobcenter als Kooperationspartner mit der praktischen Durchführung beauftragt.

Am Standort der Kolping Akademie in Augsburg ist Marie-Claire Brune in erster Linie dafür zuständig. „Die beiden Fördermaßnahmen des Teilhabechancengesetzes haben sich in den letzten Jahren zu einem echten Erfolgsmodell entwickelt,“ weiß sie. Seit Maßnahmenbeginn im Jahr 2019 habe ihr Team bereits über 50 Menschen betreut – und über 80 Prozent im Anschluss an das Programm in feste Arbeitsverhältnisse vermittelt.

Die hervorragend ausgebildeten Coaches unterstützen die Teilnehmenden während des Programms in vielerlei Hinsicht. Zum einen, im so genannten „Vor-Coaching“, beim Einstieg ins Berufsleben, bei der Suche nach einer geeigneten Branche und im gesamten Bewerbungsprozess. Zum anderen stehen sie nach der Arbeitsaufnahme als permanenter Ansprechpartner zu Verfügung: Sie vermitteln bei Problemen am neuen Arbeitsplatz, kümmern sich um die Stabilisierung des Beschäftigungsverhältnisses und unterstützen – über den gesamten Zeitraum der Förderung hinweg – bei allen Schwierigkeiten im Alltag. Als Ansprechpersonen, Vermittler oder einfach nur Zuhörer helfen sie den Teilnehmenden, ihre Beschäftigungsfähigkeit zu verbessern. Auch wenn in Zeiten von Corona große Kreativität gefragt ist und die Treffen im Park stattfinden müssen. Brune weiter: „Unsere Coaches geben immer ihr Bestes und das spüren die Teilnehmenden.“

Erfolgsmodell in der Region Augsburg

Auch das Jobcenter Augsburg-Land kann nur Positives über das Arbeitsmodell berichten – und über die Zusammenarbeit mit der Kolping Akademie. Insbesondere durch das sehr gute und vertrauensvolle Miteinander mit kurzen Dienstwegen habe sich das Programm seit 2019 richtig gut entwickelt. Christian Holzheuer: „Zwischenzeitlich hatten wir schon um die 50 Personen in Teil- und Vollzeitstellen – und auch jetzt bereits wieder zahlreiche Vormerkungen.“ 

Die Lebensumstände der Teilnehmenden sind dabei immer anders: Vom hochqualifizierten IT-ler, der, so Holzheuer, „einfach mal falsch abgebogen“ ist, über Menschen wie Claudia Hechbauer, denen gesundheitliche Beschwerden die schnelle Rückkehr ins Berufsleben verwehrten. Doch trotz der unterschiedlichen Biografien, eine Sache haben die meisten Langzeitarbeitslosen gemeinsam: Ohne Hilfe schaffen sie es nicht, wieder Fuß auf dem Arbeitsmarkt zu fassen. Oft gibt es gesundheitliche oder psychische Schwierigkeiten, einige müssen sich erst wieder an einen geregelten Tagesablauf gewöhnen. Und genau diese Personen bräuchten nicht nur bei der Suche nach Arbeit, sondern auch nach der Wiederaufnahme einer Arbeit volle Unterstützung. Holzheuer weiter: „Menschen, die länger ohne Arbeit waren, haben in der Regel mehrere Probleme. Eine Arbeitsaufnahme verändert viel, da man plötzlich keine Zeit mehr hat, sich um diese Probleme zu kümmern.“

Die Betreuung durch die Coaches der Kolping Akademie und das anschließende Coaching durch Christian Holzheuer vom Jobcenter hat maßgeblich dazu beigetragen, dass Claudia Hechbauer an ihrem neuen Arbeitsplatz so gut angekommen ist und ihr die Arbeit in der Pflegeeinrichtung der Diakonie große Freude bereitet: „Es ist schön, wieder gebraucht zu werden und vor allem, Menschen, denen es nicht so gut geht, zu helfen.“

Einsatz für die Diakonie Augsburg

In der Schlößle Pflegeeinrichtung der Diakonie in Stadtbergen werden derzeit um die 90 Bewohnerinnen und Bewohner von rund 60 Mitarbeitenden betreut. „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter pflegen, betreuen und helfen dort, wo es notwendig ist, und fördern, wo eigene Kräfte aktiviert und erhalten werden können“, so Pflegedienstleiterin Jennifer Selzle. Als Claudia Hechbauer gemeinsam mit ihrem Kolping-Coach überlegte, in welchem Bereich sie arbeiten wollte, nannte sie sofort den Altenpflegebereich: „Ich bin gelernte Altenpflegehelferin und habe immer gerne in dieser Branche gearbeitet. Deshalb wusste ich schnell, dass ich in diesem Bereich bleiben möchte.“

Jetzt arbeitet sie im Wohnbereich von Markus Lorenz. „Uns war klar, dass wir Frau Hechbauer nicht in den schwersten Wohnbereich stecken, wo sie Menschen mit ausgeprägter Demenz betreuen muss, sondern in einen Bereich mit ‚fitteren‘ Leuten.“ Der Beginn sei natürlich etwas holprig gewesen, doch weil die anderen Kolleginnen und Kollegen wüssten, dass sie nicht als eigenständige Pflegekraft zu betrachten, sondern „zusätzlich“ da sei, klappe die Zusammenarbeit wunderbar, so Lorenz. Aus ihrem Mitwirken habe sich eine richtige „Win-Win-Situation“ für alle Beteiligten entwickelt: Anders als die anderen Pflegekräfte, denen es an nichts mehr als an Zeit mangele, sei Claudia Hechbauer eine zusätzliche Arbeitskraft, die die Bewohnenden ohne Zeitdruck und ganz in Ruhe bei allen möglichen Dingen unterstützen kann – und das auf eine unheimlich nette Art und Weise. „Das entlastet nicht nur uns im Kollegenkreis, sondern tut besonders unseren Seniorinnen und Senioren richtig gut.“

Auch Arbeitsgeber profitieren

Die Win-Win-Situation ist sicherlich ein Grund, weshalb sich die Diakonie als Arbeitgeber immer wieder an dem Wiedereingliederungs-Programm beteiligen würde. Ohnehin kann sich Christian Holzheuer vom Jobcenter über die rege Beteiligung von Unternehmen aus der Region nicht beschweren: „Die meisten Arbeitgeber, die sich der Langzeitarbeitslosen annehmen, kommen aus der sozialen Trägerlandschaft und sehen, ähnlich wie die Diakonie, die Teilnahme als ‚soziales Projekt‘, mit dem sie Menschen weiterhelfen können.“ Doch neben diesen Motiven spielen sicherlich auch andere Faktoren eine Rolle. Immerhin profitieren Arbeitgeber selbst von einer Teilnahme: Wenn sie eine Person, die mehr als zwei Jahre arbeitslos war, für mehr als zwei Jahre sozialversicherungspflichtig einstellen, übernimmt das Jobcenter hohe Lohnkostenzuschüsse, Weiterbildungen und die beschäftigungsbegleitende Betreuung, also das Coaching. 

Dank des Teilhabechancengesetzes hat Claudia Hechbauer den Weg zurück ins Arbeitsleben gefunden. Sie darf an dem Programm teilnehmen, da sie innerhalb von sieben Jahren sechs Jahre lang Arbeitslosengeld II, also Hartz IV, erhalten hat. Jetzt wird sie insgesamt fünf Jahre gefördert, bekommt jeden Monat Geld überwiesen und hat bereits eine Verlängerung bei der Diakonie für weitere drei Jahre unterschrieben. Und ihre Perspektiven auf ein festes Arbeitsverhältnis sind nicht schlecht: „Es kann gut sein, dass wir sie im Anschluss auch übernehmen werden“, so Pflegedienstleiterin Jennifer Selzle.

Doch wie auch immer es kommen mag: Claudia Hechbauer ist froh über die Chance, dank Jobcenter und Kolping Akademie aus dem Leistungsbezug herausgekommen zu sein und wieder neues Selbstbewusstsein getankt zu haben: „Ein Leben ohne Arbeit und ohne selbstverdientes Geld auf dem Konto mag ich mir gar nicht mehr vorstellen.“ Und auch Marie-Claire Brune von der Kolping Akademie betrachtet Claudia Hechbauers Chancen auf dem Arbeitsmarkt als enorm gestiegen: „Im Anschluss an die Fördermaßnahme hat sie fünf Jahre Berufserfahrung, ein Arbeitszeugnis, eventuell ein paar Weiterbildungen, die sie während der Förderung gemacht hat – und, vor allem, nicht mehr eine so große Lücke im Lebenslauf.“

Pressestelle / Die Kolping Akademie